Masterplan Partizipation – verlässliches Regelwerk für Beteiligung in Planungsprozessen

© Christian Fürthner/Stadt Wien

Ein Rückblick: Seit 2017 regelt der „Masterplan Partizipative Stadtentwicklung“ die informelle Bürger*innen-Beteiligung für städtebauliche Planungs- und Widmungsprozesse in der Stadt Wien. Das Regelwerk garantiert Möglichkeiten zu Mitsprache und frühzeitigem Zugang zu Information. Bislang wurde der Masterplan bei über 70 Projekten und Vorhaben angewendet. 165 Veranstaltungen wurden durchgeführt und 1,3 Millionen Bürger*innen erreicht. 

Bürger*innen-Beteiligung auf Basis des Masterplans ist heute zu einem elementaren und standardisierten Bestandteil von Planungsprozessen der Wiener Stadtteilplanung geworden. Die im Masterplan Partizipative Stadtentwicklung formulierten Anwendungs-Kriterien erlauben eine nachvollziehbare und transparente Durchführung von Beteiligungsverfahren im Zusammenhang mit Stadtplanung; frühzeitig, schon weit vor den in der Wiener Bauordnung verankerten Informationspflichten und Möglichkeiten zur Stellungnahme. Bürger*innen können ihre Bedürfnisse und Anregungen bereits in der Konzeptphase einbringen und die Planung gewinnt durch das lokale Wissen der Beteiligten.

Außenfaktoren erfordern Innovation

In den vergangenen Jahren hat es sowohl fachliche als auch allgemeine Außenfaktoren gegeben, die Beteiligungsprozesse stark beeinflusst und innovative Anpassungen erforderlich gemacht haben. Fachlich wurde mit dem Stadtteilentwicklungskonzept ein neuer Maßstab der baufeldübergreifenden Planung von Stadtteilen etabliert und in vielen Bereichen der Stadt bereits umgesetzt. Der Masterplan schlägt hier entsprechende innovative Formate wie zum Beispiel Quartierswerkstätten vor, um der Komplexität der Planungsebene gerecht zu werden.

Verstärkt durch die Folgen der Corona-Krise (physische Distanz) haben digitale Formate stark an Bedeutung gewonnen und zählen mittlerweile zu den Standards der Beteiligungsinstrumente, die im Rahmen der Planungsprozesse zum Einsatz kommen. Damit können auch Zielgruppen partizipieren, die nicht die Möglichkeit der Teilnahme an einer Vor-Ort-Veranstaltung haben.

Wer gut informiert ist, kann sich auch qualifiziert beteiligen

Der zugrundeliegende Ansatz der Öffentlichkeitsarbeit und Beteiligungsprozesse ist heute eine integrierte Vorgangsweise, die analoge und digitale Methoden gleichermaßen verwendet. Diese in den vergangenen Jahren entwickelte und optimierte „crossmediale Kombination“ stellt sicher, dass möglichst viele Zielgruppen erreicht werden und sich einbringen können.

Die Stadtteilplanung hat dazu auf Basis der im Masterplan empfohlenen methodischen Standards und Erweiterungen eine umfangreiche analoge und digitale Toolbox aufgebaut, die jetzt zielgerichtet und an das jeweilige Projekt angepasst angewendet werden kann. Diese Toolbox wird laufend weitentwickelt, die Anwendung nach Abschluss der Verfahren mittlerweile in einem gemeinsamen Debriefing reflektiert und bewertet.

Neue digitale Tools als Türöffner

Die Stadtteilplanung hat auf die steigende Internet-Nutzung reagiert und das digitale Informations- und Beteiligungsangebot maßgeblich ausgeweitet und verbessert.

Der Newsletter „Bürger*innen-Beteiligung“ erlaubt es, zu bestimmten Projekten auf dem Laufenden zu bleiben. Bei der Anmeldung können die Vorhaben ausgewählt werden, für die Interesse besteht. Über den Newsletter versendet die Stadtteilplanung Einladungen und Dokumentationen von Veranstaltungen sowie Updates zum jeweiligen Projekt.

Zur digitalen Toolbox gehört auch die Online-Infostunde, ein interaktives Webinar-Format, das sich besonders in Kombination mit einer Vor-Ort-Veranstaltung bewährt. Mit dem Online-Format, das meist am Vortag der Vor-Ort-Veranstaltung stattfindet, kann ein gemeinsamer Informationsstand hergestellt werden.

Der Masterplan Partizipation nennt als eine geeignete Maßnahme für eine durchgehende informative Basis die Führung einer aktuellen und übersichtlichen Vorhabenliste. Seit Herbst 2022 ist die neu gestaltete und verbesserte Vorhabenliste implementiert. Damit ist eine userfreundliche Information der Bürger*innen auch digital gewährleistet.

Breiter Anwendungsbereich auf allen Ebenen

Von Jänner 2017 bis Oktober 2023 wurde bei 72 städtebaulichen Vorhaben (zum Teil Projekte, die über mehrere Jahre laufen) informelle Beteiligung durchgeführt. 165 Veranstaltungen wurden dafür geplant und durchgeführt. Im Zuge dessen haben über 1,35 Millionen Haushalte Einladungen und Informationen zu Planungs- und Beteiligungsprozessen erhalten.

Die Stadtteilplanung geht dorthin, wo die Menschen sich aufhalten

Stakeholder-Beteiligung wird von der Stadtteilplanung immer öfter durch aufsuchende Methoden ergänzt, um auch Gruppen direkt ansprechen zu können, die nicht zu Veranstaltungen kommen. Beispiele für niederschwellige Vor-Ort-Veranstaltungen sind Dialogradtouren oder auch Themen-Spaziergänge zu den jeweiligen Projekten. Hier können sich Bürger*innen spontan und niederschwellig einbringen.

„Stadträume“ der Stadtteilplanung sind Ankerpunkte der Kommunikation

Um langfristige Planungsprojekte besser begleiten zu können, richtet die Stadtteilplanung sogenannte „Stadträume“ ein. Diese Orte dienen der Bevölkerung zur Information und zur Partizipation an Planungsverfahren. Derzeit bestehen drei Stadträume, die Teil von umfangreichen Kommunikations- und Beteiligungsprozessen sind.

Beteiligungsformate mit co-kreativem Potenzial erhöhen das gegenseitige Verständnis

Bei Vorhaben mit vielen engagierten Interessensgruppen, einem langfristigen Planungshorizont und mehreren Planungsschritten wird ein sogenanntes Zukunftsteam eingesetzt. In einem transparenten Vorgang geloste Bürger*innen beraten sich mit Vertreter*innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu den wesentlichen Themen des Planungsvorhabens. Außerdem ist das Zukunftsteam eine Schnittstelle zwischen Bürger*innen und Planer*innen, zum Beispiel indem Vertreter*innen des Zukunftsteams Teil der Jury des städtebaulichen Wettbewerbs sind.

Für komplexe Beteiligungsschritte mit co-kreativem Charakter haben sich Quartierswerkstätten bewährt. Hier können engagierte Bürger*innen in Kleingruppen mit den Expert*innen Themen bearbeiten und ihre Anliegen und Ideen direkt einbringen. Der direkte Austausch zeigt unterschiedliche Interessenslagen auf und erhöht das gegenseitige Verständnis.

Fazit

Der Masterplan Partizipation als Regelwerk verankert Standards und Prinzipien wie die Beteiligungsschleife mit Einladen – Beteiligen – Rückmelden. Er macht Entscheidungen der Stadtteilplanung für Bürger*innen nachvollziehbar. Gleichermaßen ist es auf Basis der Standards und Prinzipien möglich, innovative Element in die Toolbox aufzunehmen.


Weiterführende Informationen

Bürger*innen-Beteiligung in der Stadtentwicklung
Newsletter „Bürger*innen-Beteiligung“
Vorhabenliste der Wiener Stadtteilplanung
Wien mitgestalten – die Beteiligungsplattform der Stadt Wien