Digitale Luftbildsammlung

© Stadt Wien

Die Luftbildsammlung der Stadt Wien dokumentiert eindrucksvoll die städtebauliche Entwicklung unserer Stadt. Peter Bonholzer ist seit mittlerweile 40 Jahren in der Photogrammetrie der Stadtvermessung tätig, davon viele Jahre als Leiter der Luftbildsammlung – im Gespräch gibt er Einblick in diesen Arbeitsbereich sowie „sein“ zuletzt größtes Projekt, die Digitalisierung der Sammlung.

In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, kurz BEV, hat die Stadtvermessung Wien (MA 41) in den vergangenen Jahren sukzessive die Digitalisierung ihrer gesamten Luftbildsammlung vorangetrieben. Nun sind alle flächendeckenden Flüge des Wiener Stadtgebiets zu 100 % digitalisiert. Im Interview erzählt Peter Bonholzer, Leiter der Sammlung vom Weg dorthin, aber auch vom Warten aufs richtige Flugwetter und wie sich eine Stadt aus der Sicht von oben über die Jahrzehnte verändert.

Warum ist es für eine Stadt wichtig, eine umfassende Luftbildsammlung zu führen?

Die Luftbildmessung hat in der Stadtvermessung eine lange Tradition. Neben der Datenerfassung für die Mehrzweckkarte (Anm.: die MZK-Daten im Innenbereich der Straßenblöcke werden mittels Luftbildauswertung erfasst), liefert die Luftbildauswertung auch die Gebäudehöhen für das 3D Stadtmodell. Insgesamt beinhaltet unsere Sammlung circa 200.000 Bilder bis ins Jahr 1938.

Wie werden die Luftbilder erstellt?

Dank der Kooperation mit dem BEV wurden der Stadtvermessung bis ins Jahr 2011 Bilder aus dem jährlichen Flug – durchgeführt in ganz Österreich mit einem eigenen Vermessungsflugzeug des BEV – zur Verfügung gestellt. Die Auswertung für Wien haben immer schon wir von der MA 41 übernommen. Seit 2012 wird der Flug nun jährlich durch die Stadtvermessung ausgeschrieben. Das war auch Anlass, um auf digitale Kameras umzusteigen. Eine große Herausforderung von vielen ist übrigens das beste Zeitfenster für den Flug zu finden.

Stereokopisches Luftbildauswertegerät in den 1970er Jahren © Stadt Wien

Wie sieht denn der ideale Flugtag aus?

Klare Sicht, wenig Laub, die Schattenbildung sollte kurz sein. Außerdem ist wenig Verkehr von Vorteil. Im Jahr gibt es vielleicht 10 bis 15 ideale Flugtage. Ein kompletter Stadtkartenflug in Wien dauert im Idealfall circa 2-3 Tage.

Wie geht ihr dann mit der Auswertung der Bilder um?

Früher hatten wir einen starren Reambulierungszyklus und haben alle drei bis vier Jahre das gesamte Stadtgebiet überarbeitet. Nun sind wir dazu übergegangen, dass wir uns vorab mit dem Orthofoto (Anm.: Das Orthofoto gibt den Inhalt von Luftbildern geometrisch entzerrt wieder) anschauen, wo größere Veränderungen stattgefunden haben. Zusätzlich bekommen wir Informationen von anderen Dienststellen, diese melden uns z.B. große Bautätigkeiten oder andere wichtige Veränderungen. Im vorigen Jahr haben wir es geschafft, den gesamten Aktplan, das heißt, all diese Veränderungen, die uns gemeldet wurden, abzuarbeiten. Damit sind wir auf dem besten Weg Wien zur Gänze jährlich zu überarbeiten.

Wer sind eure Kund*innen?

Alle technischen Dienststellen der Stadt Wien. Wir stellen aber auch Gutachten für das Verwaltungsgericht, wenn es zum Beispiel um Grenz- oder Grundstückstreitigkeiten geht. Zudem ist die Einsichtnahme für alle Bürger*innen gratis. Im Geodatenviewer der Stadt Wien stellen wir Orthofotos kostenlos zur Verfügung. Wenn jemand ein Detailfoto haben möchte, ist das käuflich zu erwerben. Dieses gilt dann auch als Nachweis beispielsweise zur Vorlage bei der Baupolizei. Es gibt auch Privatpersonen, die Luftbilder ausheben, weil sie sich für ein bestimmtes Gebiet früher und heute interessieren — auch für mich immer wieder spannend, ein Wahnsinn wie sich die Stadt, eben auch durch neue Stadtteile, entwickelt hat. Durch die Bilder erhält man einen Eindruck davon.

Hauptbahnhof-Areal 2007 (links) und 2023 (rechts) © Stadt Wien / Stadtvermessung

Die Luftbilder sind jetzt zu 100 % digital im Archiv – wie geht es dir damit?

Gut. Ich sage immer: „Das ganze Leben ist ein Lernprozess“. Ich habe in meinen 40 Jahren hier viel gesehen: Die Auswertegeräte waren früher Riesenkästen. Seit 1984 produzieren wir digitale Daten. Im Jahr 1997 sind wir umgestiegen auf die erste Generation der digitalen Auswertestationen und haben mittlerweile die dritte oder vierte Generation. Anfangs wurden die gescannten Luftbilder nach der Auswertung wieder vom Dateisystem gelöscht, weil die Archivierung viel zu teuer gewesen wäre. In den 2000er Jahren haben wir dann begonnen, die Bilder aufzuheben. In den vergangenen Jahren wurde nun dank der Kooperation mit dem BEV das gesamte Wiener Stadtgebiet gescannt. Jetzt können wir sagen, dass alle flächendeckenden Flüge zu 100 Prozent digitalisiert sind und haben somit die Bilddaten von ganz Wien auf einem Server.

Zur Person

Peter Bonholzer © David Bohmann

„Ich bin eher der analoge Typ“, sagt Peter Bonholzer über sich selbst und dennoch war er maßgeblich am umfassenden Digitalisierungsprozess der Luftbildsammlung der Stadtvermessung Wien (MA 41) beteiligt. Nach einer Lehre zum bautechnischen Zeichner beim Magistrat der Stadt Wien hat er hier ab dem Jahr 1983 seine vertiefte Ausbildung zum Photogrammeter absolviert. Seit 2015 ist Peter Bonholzer Leiter der Luftbildsammlung und hat in seiner Laufbahn viele junge Kolleg*innen und Lehrlinge ausgebildet.