An oberster Stelle der Agenda: Bereichsleitung für Klimaangelegenheiten
Andreas Januskovecz verfügt als Bereichsleiter für Klimaangelegenheiten über weitreichende Befugnisse. Im Interview erklärt er, wie Klimaschutz in der Stadt gedacht wird.
Zum Einstieg eine Frage zu Ihrer Tätigkeit als Forstdirektor: Wie wirkt sich der Klimawandel auf unsere städtischen Wälder aus? Sind Sie besorgt?
Grund für Sorge gibt es für die städtischen Wälder nicht. Die Försterinnen und Förster schauen seit jeher weit in die Zukunft: Ein Baum ist erst mit 100 oder 150 Jahren erwachsen. Wir schützen die Wiener Wälder deshalb seit vielen Jahrzehnten vorausschauend vor den Auswirkungen des globalen Temperaturanstiegs. Das hat positive Effekte auf das Klima: Land- und forstwirtschaftliche Böden sind wichtige CO₂-Senken. Der Schutz des Waldes ist deshalb auch eine wichtige Klimaschutzmaßnahme.
Welche Maßnahmen kann die Stadt Wien setzen, um diese Folgen zu lindern?
Die Stadt schützt die Quellenschutzwälder und die Wälder in und rund um Wien, indem wir auf Mischwald setzen, kleinflächig agieren, große Kahlschläge vermeiden und auf den Boden achten. Mit einer naturnahen und resilienten Bewirtschaftung sichern wir schon lange die wichtige Klimawirkung des Waldes.
Jetzt zu Ihrer Rolle als Bereichsleiter für Klimaangelegenheiten: Sie haben weitreichende Befugnisse und stehen im Magistrat sehr weit oben. Damit ist Ihre Position ein gutes Beispiel dafür, wie Klimaschutz jetzt in der Stadt gedacht wird: nämlich als Querschnittsmaterie über alle Abteilungen hinweg und an oberster Stelle der Agenda. Wie beschreiben Sie Ihre Tätigkeit und Ihre Aufgaben?
In meiner Position als Bereichsleiter für Klimaangelegenheiten bin ich Bürgermeister Michael Ludwig und dem Magistratsdirektor unterstellt. Alle Schritte stimme ich eng mit Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky und den beiden Programmauftraggebern Magistratsdirektor-Stellvertreter Wolfgang Müller und Baudirektor Bernhard Jarolim ab. Die Wiener Klimapolitik ist damit auf der höchsten Ebene verankert und das ist wichtig, um die erfolgreiche Umsetzung der strategischen Klimagovernance zu garantieren.
Beauftragt wurde ich konkret mit dem Aufbau und der Steuerung der Klimagovernance für Wien. Mein Team und ich koordinieren die Umsetzung des Klimafahrplans basierend auf einem Klimamaßnahmenplan. Unser wichtigstes Instrument dafür ist die Treibhausgasbilanzierung, die uns Einblick verschafft, wo wir uns auf dem Zielpfad in Richtung Klimaneutralität 2040 befinden. Ziel ist, dass die Politik auf Basis valider Zahlen solide Entscheidungen für ein klimagerechtes Wien treffen kann.
Das herausfordernde Ziel der Klimaneutralität 2040 erreichen wir nur gemeinsam. Unser Klimanetzwerk mit dem wir in alle Dienststellen und Institutionen der Stadt vertreten sind, ist dafür ein entscheidender Erfolgsfaktor. Dadurch ist ein permanenter Informationsaustausch mit wichtigen Stakeholder*innen der Stadt gewährleistet. Wien macht bereits sehr viel für das Klima. Die Bereichsleitung wird Standards im Klimabereich setzen, aber auch Impulse geben und Servicestelle für Dienststellen sein. Es geht uns dabei um Wissenstransfer, Vernetzung und Synergien.
Wenn Sie sich Wien 2040 vorstellen, was wird sich geändert haben in Bezug auf den Klimaschutz?
Die Frage, wie die klimaneutrale Stadt der Zukunft ausschaut, ist eine entscheidende. Klimaneutralität 2040 bedeutet Transformation – hier muss ein gewaltiges gesellschaftliches Umdenken stattfinden. Die Stadt Wien muss hierfür die Rahmenbedingungen schaffen. Es liegt aber an uns allen, an der Umsetzung bestmöglicher Klimalösungen mitzuwirken. Ich denke, dass das Bewusstsein und Verständnis für die Notwendigkeit klimagerechten Handelns bei vielen Wiener*innen vorhanden ist. Dem Willen der Bewohner*innen, gemeinsam mit der Stadt Maßnahmen zu entwickeln und mitzutragen, wird durch breit angelegte partizipative Prozesse entsprochen. Dafür gibt es ja heute schon Pilotprojekte wie die Wiener Klimateams, bei denen die Bevölkerung ihre Klimaschutzprojekte und –Ideen vorschlagen kann.
Die Stadt Wien muss Vorreiterin sein. Alle Mitarbeiter*innen der Stadt sind Multiplikator*innen. Jede*r spielt eine wichtige Rolle, den Klimaschutzgedanken weiterzutragen.
Abschließend noch eine Frage zum Thema Klimaschutz und Stadtplanung: Wien wird in wenigen Jahren 2 Millionen Einwohner*innen haben. Wie kann Stadtwachstum und Klimaschutz unter einen Hut gebracht werden?
Klimaschutz und eine wachsende Stadt sehen wir als ständige Herausforderung. Klar ist, die Klimadiskussion wird in den Städten entschieden – hier werden die meisten Ressourcen ge- und verbraucht. Die Stadtplanung ist damit ein grundlegender Hebel für den Ressourcen- und Klimaschutz. Sie entscheidet, wie das Wien der Zukunft aussieht und ob die Stadt ihre Klimaziele erreicht. Eine effiziente Entwicklung mit kompakter Bauweise und möglichst wenig Bodenversiegelung ermöglicht ein klimasensibles Wachstum.
Der Klimafahrplan gibt den Weg vor und zeichnet Zukunftsbilder, die greifbar sind. Die 15-Minuten-Stadt mit sicheren Strecken für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen wird forciert. Städtische Grün- und Freiräume sowie Naherholungsräume müssen erhalten und ausgebaut werden. Es ist keine Lösung, nachträglich eine Handvoll Bäume in eine Betonwüste zu setzen – oder die grünen Freiräume an den Rand eines Entwicklungsgebiets zu drängen. Große innerstädtische Grünflächen beeinflussen das Kleinklima positiv und sorgen für gute Luft und angenehme Temperaturen. Sie müssen von Beginn an konsequent und zentral im Stadtentwicklungsplan mitgedacht und dann auch umgesetzt werden. Wien soll lebendig wachsen – im Einklang mit unseren ambitionierten Klimazielen.