Klimawandelanpassung und Klimaschutz im öffentlichen Raum
Hitze im Büro, zu Hause und auf den Straßen – besonders in Städten werden die Auswirkungen des Klimawandels immer spürbarer. Die Anpassung an die neuen Gegebenheiten und Klimaschutz sind daher in den letzten Jahren zu zentralen städtischen Aufgaben geworden.
Vor allem in dicht bebauten öffentlichen Räumen mit wenig Grün ist es wesentlich, kühlende Elemente zu integrieren und bei Neuplanungen von Beginn an mitzudenken. Besonders für vulnerable Gruppen wie ältere Menschen, Kinder und kranke Personen stellt Hitze eine massive Gesundheitsgefährdung dar. Gleichzeitig profitieren vor allem mobilitätseingeschränkte Personen von kühlen Grün- und Freiräumen in ihrem direkten Wohnumfeld. Daher sind bei der Umgestaltung von Straßenräumen regelmäßige Mikrofreiräume sowie die qualitätsvolle Ausgestaltung von Alltagswegen von besonderer Bedeutung.
Klimaanpassung im öffentlichen Raum: Maßnahmen für ein resilientes Stadtklima
Zentrale Maßnahmen zur Klimawandelanpassung von Straßen und Plätzen sind genügend natürlicher Schatten, in etwa durch einen hohen Überschirmungsgrad durch Bäume, Begrünung, die Integration von Wasser (zum Beispiel in Form von Wasserflächen oder Wasserspielen), helle, möglichst wasserdurchlässige Oberflächen und die Entsiegelung versiegelter Flächen. Neben ihrer positiven Auswirkung auf das Mikroklima tragen diese Maßnahmen auch zur optischen Aufwertung des Freiraumes bei.
Es gibt in Wien bereits zahlreiche innovative Projekte in denen der öffentliche Raum im Sinne der Klimawandelanpassung und des Klimaschutzes, zum Beispiel durch die Wiederverwendung von Materialien, umgestaltet wurde.
Innovative Projekte
Umgestaltung der Wagramer Straße
Ein aktuelles Beispiel ist die im Sommer 2025 fertiggestellte Umgestaltung der Wagramer Straße im 22. Bezirk. An dieser Hauptverkehrsachse entstand ein rund 1,2 km langer Zweirichtungsradweg sowie Aufenthaltsflächen im öffentlichen Raum. Die Freiraumplanung erfolgte im Auftrag der Magistratsabteilung Architektur und Stadtgestaltung durch EGKK Landschaftsarchitektur.
Kühlende Achse im Stadtraum: Straßenpark und Mikrofreiräume
Entlang der Strecke zwischen Am langen Felde und Donaustadtstraße wurden 100 Bäume und 60 Sträucher gepflanzt und 8.100 m² neue Grünflächen durch Entsiegelung geschaffen. Weitere 8.700 m² helle Pflasterung in ungebundener Bauweise erhöhen den Anteil versickerungsfähiger Fläche. Insgesamt entstanden 24 barrierearme Mikrofreiräume mit innovativem Ansatz: unterschiedliche Wasser- und Schattenelemente wie Pergolen mit Nebeldüsen, Wassertische und Nebelstelen bieten die Möglichkeit vielfältiger Nutzungen.
Ein zentrales Element ist der 250 m lange „Straßenpark“ mit Sitzgelegenheiten, Wasserspielen, Nebelstelen und Bepflanzungen. In den neuen Straßenquerschnitt wurden Radweg, Erholungsräume sowie Begrünung integriert, was der ehemals durch MIV geprägten Verkehrsachse ein neues Antlitz verleiht.
Barbara-Prammer-Park: Neue grüne Oase im dicht bebauten 5. Bezirk
Der zu Sommerbeginn im dicht bebauten 5. Bezirk eröffnete Barbara-Prammer-Park entstand aus einer vormals ungenutzten Gstetten und einem privaten Parkplatz. Auf dem Gebiet befindet sich eine naturdenkmalgeschützte Sandsteinmauer, auf welcher besondere pannonische Gewächse, wie das Mauer-Glaskraut und der östliche Felsen-Mauerpfeffer, wachsen. Mauer sowie Pflanzen sind ein ausgewiesenes Naturdenkmal und wurden in die neue Gestaltung integriert. Da die Pflanzen viel direkte Sonneneinstrahlung benötigen, hat sich das Pflanzkonzept der Bäume an diesen Bedürfnissen orientiert. Die schattenspendenden Bäume wurden daher fernab der Mauer gesetzt.
Schutz durch Integration: Naturdenkmal als zentrales Element
Als schattenspendendes Element wurde im Nahbereich des Naturdenkmals eine begrünte Pergola eingesetzt. Auch bei dieser Neugestaltung kommen die bekannten städtischen Gestaltungselemente zur Anwendung: hell gepflasterte, versickerungsfähige Aufenthaltsflächen, über 600 m² Grünbeete mit Gräsern und Stauden, 14 Baumpflanzungen (zu den 8 Bestandsbäumen), Wasserspiel, Pergola und Sitzgelegenheiten werten die ehemalige Hitzeinsel auf. Von dessen Lage direkt an der U-Bahn-Station Kettenbrückengasse können viele Menschen auf ihren Alltagswegen profitieren.
Vorbild für weitere Projekte: Schulumfeld im 6. Bezirk
Ein Beispiel für eine noch nicht abgeschlossene Umgestaltung befindet sich im 6. Bezirk. Die Umgestaltung erfolgte in Eigenplanung der Abteilung Architektur und Stadtgestaltung. Das Besondere an diesem Projekt ist, das beide angrenzende Straßen eines Schulblocks als Fußgänger*innen-Zonen umgestaltet werden, und so ein sicheres und barrierefreies Schulumfeld (einschließlich Kindergarten) entsteht.
Umsetzung von Maßnahmen geht weiter
Letzten Sommer wurde bereits die Mittelgasse umgebaut, diesen Sommer wird die Spalowskygasse fortgesetzt. Beide Gassen werden dem MIV entzogen und vollflächig mit hellen Pflastersteinen ausgeführt werden. Insgesamt werden 13 Bäume und 6 Hochstammsträucher gepflanzt und 410 m² Grünflächen entstehen. Wasserspiele und Trinkbrunnen runden die Neugestaltungen ab. In der Mittelgasse profitiert die Umgestaltung von bestehenden Bestandsbäumen, die jetzt schon kühlenden Schatten spenden. Zentral bei den Umgestaltungen sind das Sonderpädagogische Zentrum, die Schule und der Kindergarten, die sich in den Straßenzügen befinden. Für die Schüler*innen und Kinder kann so ein barrierefreies und sicheres Umfeld mit Platz zum Spielen und Verweilen geschaffen werden. Insgesamt profitiert das Grätzl durch die niveaufreie Ausführung und die verbesserte Aufenthaltsqualität.
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