Stadtteilplanung: Neue Flughöhe für den Favoritner Süden

(c) Stadt Wien/C.Fürthner

Wie geht Stadtentwicklung im großen Maßstab? Wie schaffen wir die inhaltliche Verbindung zwischen lokalen, punktuellen  Entwicklungen und den grundlegenden Strategien der Stadtentwicklung? Wie können wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern Rahmenbedingungen so festlegen, dass Entwicklung möglich bleibt und die Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigt werden?

Unter anderem diese Fragen beantwortet die Methodik des partizipativen stadtteilbezogenen Entwicklungskonzepts (kurz: SEK), die in dieser Form zum ersten Mal für den „Südraum Favoriten“ angewendet wird. Eng verknüpft wird der fachliche Planungsprozess mit einem umfangreichen Beteiligungsverfahren, das bereits seit Juli 2019 mit einer Stakeholder-Analyse läuft. Bernhard Steger, Leiter der Abteilung für Stadtteilplanung und Flächenwidmung: „Das stadtteilbezogene Entwicklungskonzept  schließt die planerische Lücke, die in manchen Bereichen zwischen Stadtentwicklungsplan und kleinräumigen, städtebaulichen Leitbildern klafft.“

 Ausgangslage für den Südraum Favoriten

Das Bearbeitungsgebiet umfasst den 10. Wiener Gemeindebezirk südlich des Verteilerkreises beziehungsweise der A23 und erstreckt sich auf ca. 20 km². Das Gebiet ist sehr heterogen mit dicht verbauten Bereichen, alten Ortskernen und großen landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Im Zuge der U1-Verlängerung nach Oberlaa ist es zu einer starken Entwicklungsdynamik an den unterschiedlichsten Orten gekommen. Bei vielen Bewohnerinnen und Bewohnern ist dadurch der Eindruck entstanden, dass die Einzelprojekte keiner ganzheitlichen Entwicklungsperspektive folgen, die den gesamten Südraum Favoritens berücksichtigen würde. Dazu kommt, dass mit Rothneusiedl eines der größten Stadtentwicklungsgebiete, die es in Wien noch gibt, vor der Entwicklung steht.

Anita Haider: „Entwicklung steuern und Qualitäten sichern“

Anita Haider, Stadtplanerin der Abteilung für Stadtteilplanung und Flächenwidmung  ist die Projektleiterin des Verfahrens. Sie fasst die Herausforderung so zusammen: „Die inhaltliche Herausforderung des SEK liegt darin, einen Ausgleich zwischen einer zeitgemäßen Stadtentwicklung und einer langfristigen Sicherung und Vernetzung der wertvollen Grünräume im Bezirk zu bewerkstelligen. Wo sind künftige Siedlungsgrenzen? Wo darf gebaut werden, wo nicht?  Welche Bereiche bleiben langfristig unverbaut? Wie können die alten Ortskerne Oberlaa und Unterlaa gesichert und aufgewertet werden?“

Und: „Um einerseits die starken Entwicklungsdynamiken zu steuern und qualitätsvoll zu gestalten und andererseits eine Grundlage für die Einbeziehung der Stakeholder und der Zivilgesellschaft in den Gesamtentwicklungsprozess zu schaffen, geht die Stadt Wien gemeinsam mit dem Bezirk jetzt den Weg des partizipativen SEK. So entsteht ein abgestimmtes und zusammenhängendes Bild einer zukünftigen Entwicklung.

Räumliche Aufteilung

Es ergeben sich drei Bereiche, die im SEK fachlich bearbeitet werden: 1) der Siedlungsbereich inklusive der Ortkerne und der darin enthaltenen kleinräumigen Stadterweiterungsgebiete 2) das Stadtentwicklungsgebiet Rothneusiedl und 3) die großflächigen Grünräume zum Beispiel Goldberg Prater, Böhmischer Prater, Laaer Berg.

Bürger*innen wollen Garantie für Grünraum

Dieser Zugang deckt sich weitgehend mit den Wünschen und Forderungen der Bürgerinnen und Bürgern, die im Rahmen einer großen Auftaktveranstaltung im Oktober 2019 erhoben wurden. Die Bürgerinnen und Bürger haben bei der Veranstaltung rund 1.300 thematische Nennungen hinterlassen, die ein eindeutiges Bild der Prioritäten im Bezirk zeigen. Im Zentrum des Interesses sind Grün- und Freiräume im Bezirk. Hier gibt es viele Wünsche und Befürchtungen, vor allem in Hinblick auf den zukünftigen Schutz dieser Flächen.

Weitere zentrale Themen sind der Erhalt und die Aufwertung der alten Ortskerne Oberlaa und Unterlaa sowie Fragen der Mobilität.

Wie geht es weiter?

Ab Jänner startet die Intensiv-Phase des Beteiligungsverfahrens vor Ort. Die Ergebnisse des Verfahrens werden laufend in den fachlichen Planungsprozess einfließen. Bis Ende Juni 2020 soll ein gemeinsames und breit getragenes Ergebnis vorliegen, mit dem dann die weiteren Planungen angegangen werden können.

4 Kommentare
  1. Karl Csar sagte:

    finde ich grundsätzlich positiv, dass man versucht die betroffene Bevölkerung bei so schwerwiegenden Änderungen einzubinden. ich hoffe, dass es nicht nur eine „Beschwichtigungs-“ / „Beruhgungstaktik“ der Politiker ist. Den letztlich muss die Stadtplanung, das Umsetzen, was gerade die momentan vorherrschende Parteien vorgeben.

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    • lanadvkid sagte:

      Ja, das ist die Chance, sich einzubringen. Uns (der Stadtplanung) ist es gerade in dieser Planungsphase besonders wichtig, dass sich die Bevölkerung einbringt. Ein maßgeschneidertes und umfassendes Beteiligungskonzept sorgt dafür, dass jede und jeder im Südraum die Möglichkeit bekommt, mitzumachen. Mit dem Stadtteilentwicklungskonzept werden wichtige Festlegungen zur weiteren Entwicklung des Bezirksteils getroffen. Damit dieses für alle (auch für die Politik) verbindlich wird, ist vorgesehen, dass es einen Beschluss durch den Gemeinderat gibt.

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  2. Gerhard Horvath sagte:

    Eine besonderen Beachtung verlangt die Schnittstelle zwischen den Bundesländern Wien und NÖ im Bereich der Planungsregion.

    Eine gemeinsame Planung der Bundesländer ist auf Grund der engen Verflechtung der Nutzungsansprüche (Wohnen,Arbeit,Freizeit) aus räumlicher und sozialer Sicht unverzichtbar.

    Insbesonder das Projekt „Südheide“, welches sich der unter Anderem der Verbindung der Grünräume „Wienerwald“ und „Lobau“ besonders entlang der Flußläufe widmet (sh Josef-Schöffel-Preis 2012) , bietet hier einen überregionalen Ansatz.

    Die Flüsse Triesting,Schwechat, Krotten-,Mödling-, Petersbach und Liesing sind bei entsprechender Planung geeignet, den Raum nachhaltig für Fauna und Flora durchgängig zu machen – und dies bei entsprechendem Nutzen für umweltfreundliche Freizeitaktivitäten der Anrainer des Südraumes ohne lange Anreisenotwendigkeiten, sozusagen vor der Haustüre. Es wäre darüber hinaus ein entscheidender Aspekt in Sachen „Schließung des Grüngürtels“, welcher besonders im Zeichen einer lebenswerten Großstadt Wien zu wünschen ist.

    Als geeignetes Instrument zur Abwicklung erscheint hier das „Stadt-Umland Management“, welches einen positiven Einfluss auf den Vernetzungsgedanken in der Region ausübt.

    Gerhard Horvath
    Radbeauftragter der Gemeinden Achau, Lanzendorf,Maria Lanzendorf und Leopoldsdorf

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