MA 41 – 41 Jahre Mehrzweckkarte: Die Entwicklung der digitalen Stadtkarte Wiens
Als vielseitiges Werkzeug ist die digitale Stadtkarte Wiens aus der heutigen Stadtplanung nicht mehr wegzudenken. Früher von Hand gezeichnet, war die computergestützte graphische Datenverarbeitung Ende der 70er so weit fortgeschritten, dass erste Überlegungen angestellt wurden, digitale Stadtkarten für Wien auszuarbeiten. Als offizielle Geburtsstunde der Mehrzweckkarte (MZK) gilt das Jahr 1984, aber wie kam es dazu, dass der „Zeichenstift seinen Beruf verlor“? – Eine Spurensuche …
„Die Mehrzweckkarte (MZK) bildet den Naturbestand der Stadt Wien ab und ist sozusagen die Mutter aller Geodaten.“, erklärt Sara Lena Kordasch von der Abteilung Stadtvermessung und Geoinformation (MA 41) und führt weiter aus: „Als digitale Stadtkarte Wiens bildet die MZK alle markanten, mit der Geländeoberfläche verbundenen Objekte – wie zum Beispiel Gebäude, Fahrbahnen, Straßenbahnen, Gehsteige oder Kanaleinstiege – für das gesamte Stadtgebiet detailliert ab und wird laufend aktualisiert.“ Somit ist die MZK als Basis für den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan eine der wichtigsten Planungsgrundlagen unserer Stadt und zudem Grundlage für das dreidimensionale Stadtmodell von Wien und den Stadtplan auf wien.gv.at.

Großprojekt dank Computertechnik
Heute ist das alles nicht mehr wegzudenken, aber bei einem Blick ins Archiv wird klar, das Großprojekt „Mehrzweckstadtkarte“ war zum damaligen Zeitpunkt innovativ und richtungsweisend: „Computer zeichnet Wiener Stadtplan – Moderne Verwaltung ohne Computertechnik nicht denkbar.“, titelte die Wiener Zeitung am 4. August 1979.
Vor allem die Publikation „EDV für die Stadt. Gestern. Heute. Morgen“1, im Jahr 2003 von der damaligen MA 14 – ADV (heute: Wien Digital – MA 01) herausgegeben, gibt Aufschluss über die rasanten Entwicklungen. So gab es bereits Ende der 70er Jahre erste Überlegungen wie man PCs in die Kartenerstellung einbinden könne. „Als technische Voraussetzung […] kann die Einführung der automatischen Tachymetrie und der analytischen Auswertegeräte sowie die rasante Entwicklung auf dem Computersektor angeführt werden.“, hält auch Peter Belada, ehemaliger Abteilungsleiter der Magistratsbteilung 41 fest.2
Ab dem Jahr 1974 – zu einem Zeitpunkt, als Grafik und Computer in anderen europäischen Verwaltungen noch kein Thema waren – begann Wien die Grafische Datenverarbeitung einzuführen. Zuerst wurde eine Digitalisierung der vorhandenen Kartenoriginale durchgeführt. Dies führte allerdings nicht zur Verbesserung der Situationsdarstellung, weshalb das Projekt zur digitalen Stadtkarte geboren war.1
Damals …

Blick ins Archiv: Ausschnitt aus der MZK auf Basis von Bildflug- und Vermessungsdaten aus dem Jahr 1984
Um Lagefehler zu verringern, wurde der Straßenraum zur Gänze neu vermessen. Das Neue an diesem Konzept war, dass zwei verschiedene Datenerfassungsquellen für das gesamte Stadtgebiet vorgesehen waren. Ganz Wien wird seither im Straßenbereich terrestrisch vermessen und dort, wo eine terrestrische Vermessung nicht möglich ist, mittels Luftbildauswertung (Stereoauswertung) erfasst. Nach der Datenaufnahme werden die Daten beider Quellen zusammengeführt und in der kartografischen Bearbeitung Korrekturen und Ergänzungen vorgenommen.
Peter Strutzenberger ist einer jener Mitarbeiter, der sich noch gut an die Anfänge der EDV-gestützten Kartenerstellung erinnert. Er selbst hat im Jahr 1985 nach einigen Jahren in der Privatwirtschaft seinen Dienst als Vermessungstechniker bei der Stadt Wien in der heutigen Stadtvermessung und Geoinformation (MA 41) angetreten. Gekommen, um zu bleiben … In seiner über 40-jährigen Tätigkeit hat er viele technische Neuerungen nicht nur miterlebt, sondern aktiv vorangetrieben und unterstützt. Kurz vor seiner Pensionierung blickt er freudig, aber auch ein wenig wehmütig zurück: „Das war eine spannende Zeit. Ich habe mich bereits Mitte der 80er in die EDV hineingewagt, anfangs haben wir noch Disketten zum IBM-Großrechner ins Rechenzentrum der Stadt Wien gebracht. Aber die Entwicklungen gingen rasant voran und bald hatten wir selbst die nötige Infrastruktur, um die Software zu verbessern.“
Dank eines motivierten Teams konnte die Ersterfassung der MZK Ende der 1990er Jahre abgeschlossen werden – es handelte sich um die erste flächendeckende Vermessung der Straßenräume der gesamten Stadt Wien. Die digitale Mehrzweckkarte Wiens war geboren!
… und heute
Seither besteht das Bestreben in der laufenden Aktualisierung der Daten. Veränderungen im Stadtgebiet werden genau beobachtet, anlassbezogen kontrolliert und aktualisiert. Dazu wurde ein Melderegister zum Erfassen von Veränderungen erstellt, das aus Rückmeldungen anderer Dienststellen und dem Luftbildvergleich gespeist wird. Darüber hinaus wird neben der routinemäßigen Aktualisierung der MZK versucht, markante städtebauliche Veränderungen sofort nach deren Fertigstellung einzuarbeiten. Qualität und Aktualität der Mehrzweckkarte mit modernen, zeitgemäßen Messmethoden fortlaufend zu verbessern, ist somit ein ständiges Ziel, an dem kontinuierlich gearbeitet wird.

Die Teams der Stadtvermessung und Geoinformation vermessen für die Aktualisierung der Mehrzweckkarte laufend in der ganzen Stadt – wie hier zum Beispiel eines der vielen neuen Radwegprojekte.

Im Büro werden die Daten dann weiterverarbeitet. © Christian Fürthner
Weiterführende Publikationen/Texte:
1 Ingrid Kammerer & Gabriele Hasslinger [Hg.]: EDV für die Stadt. gestern – heute – morgen. Von der Lochkarte zum Cyberspace (2003), Wien 2003
2 Peter Belada [Hg.]: Die „Mehzweckstadtkarte“ der Stadt Wien. In: Österreichische Zeitschrift für Vermessungswesen und Photogrammetrie, Nr. 78, Seite 106-123, Heft 3, Wien 1990.

